Es beginnt bei der Einstellung …
«Fachkräftemangel» ist das dominierende Stichwort im Gesundheitswesen. Das Problem ist gemäss Gesprächen mit Branchenvertretern/innen begründet in: fehlendem Nachwuchs, Schulung, Berufsimage, Entlöhnung, unregelmässiger Arbeitszeit, zu kleinem Stellenplan, «industrieller» Pflege mit Stoppuhr, keiner Rücksichtnahme auf Mitarbeitende beim Dienstplan, häufigem Einspringen von Personen in Freizeit für zusätzliche Dienste infolge Personalausfällen, zu wenig Anerkennung, teils schwierigen Patienten usw. In diesem Artikel wollen wir uns aber auf den besonderen Aspekt der Personalbeschaffung konzentrieren.
Gibt es den Personalmangel im Gesundheitswesen in der Schweiz?
Wenn wir die Stelleninserate von gewissen Spitälern und Kliniken studieren, hat man den überraschenden Eindruck, dass da kein Personalmangel besteht. Oder wie soll man solche Hinweise in den Stelleninseraten interpretieren? «Kontaktaufnahmen von Publikations- und Vermittlungsunternehmen sind nicht erwünscht», «Dossiers von Stellenvermittlern können wir leider nicht berücksichtigen» oder «Kandidatendossiers von Stellenvermittlungs-Agenturen werden für diese Ausschreibung nicht berücksichtigt». Jedes Unternehmen hat natürlich das Recht, die Personalrekrutierung nach eigenen Regeln zu handhaben.
Bekanntlich ist aber im Gesundheits- und Pflegebereich die Leistung und Kundenzufriedenheit sehr direkt vom Personal abhängig. So auch in Bereichen, wo schon immer galt, «gute Leute» zu finden, ja möglichst die Besten der Branche, also anspruchsvolle Beratung, Hightech, Forschung und Entwicklung. Besteht hier Mangel an Fachkräften – zum Beispiel bei Informatikern/innen – zögern die Unternehmen nicht, mit externen Firmen der Personalberatung zu kooperieren. So erhalten sie in kurzer Zeit Kandidatendossiers, können eher auswählen und die vakanten Stellen besetzen.
Unbesetzte Stellen verursachen erfahrungsgemäss bald einmal Qualitätsverluste, Unterversorgung von Kunden – bzw. Patienten – Überbelastung und Spannung in den Teams. So steigt der Druck, die Vakanz möglichst bald zu schliessen. Das fördert Hauruck-Einstellungen von Grenzfällen bzw. Fehlbesetzungen. Die Folge können sein: erneute Personalsuche, Kündigung, Erhöhung der Personalfluktuation, die sich herumspricht und dem Image als Arbeitgeber schadet. Damit wird es noch schwieriger, die gewünschten Mitarbeitenden zu finden, was zu erneuten Fehlbesetzungen kommen kann – die Negativspirale dreht sich dann immer weiter nach unten. Die Folgen können also sehr kostspielig werden. Dem allgemeinen Personalmangel im Gesundheitswesen muss mit einer ganzheitlichen Personalpolitik begegnet werden: marktorientierte Personalbeschaffung, Ausschöpfen aller relevanten Suchquellen, auch die der externen Personalberatung – soweit diese auf das Gesundheitswesen und die Pflege spezialisiert ist – Evaluation mit Expertenwissen und Förderung der richtigen Mitarbeitenden zwecks Entwicklung und Betriebstreue.
Der «Chef» ist erfahrungsgemäss der Hauptfaktor für die Teamleistung!
Gemäss der Studie «Information-Factory Schweiz 2014» sind 60 % der Kündigungen auf die Vorgesetzten zurückzuführen. Organisationen, eine Abteilung, ein Team sind bekanntlich quasi so gut wie deren Führung. Dabei spielen theoretische und emotionale Intelligenz gleichermassen eine Rolle. Die Geschäftsidee mag genial sein, aber der Umsetzungserfolg liegt bekanntlich im Leistungsteam und seiner Führung. Die Qualifikation der Führungskräfte hat also grossen Einfluss auf die Leistung, das Wohl, die Fluktuation der Mitarbeiter, die Patientenzufriedenheit und den wirtschaftlichen Erfolg. Deshalb sollten bei der Rekrutierung mit gezielten
Massnahmen die richtigen Personen für Führung und Team gefunden werden. Gemäss Rudolf Wegmüller, Inhaber der Lifejob AG, einer spezialisierten Personalagentur für das Gesundheitswesen, nut- zen die Unternehmen mit der Einschränkung «Dossiers von Stellenvermittlern können wir leider nicht berücksichtigen», nicht alle Rekrutierungskanäle. Sie erfassen also nicht das ganze quantitative und qualitative Potenzial von Personen des aktuellen Arbeitsmarktes. Ihre Wahlmöglichkeiten sind von Anfang an begrenzt, die Chance, die geeignetste Person zu finden, vertan. Und das bei knappem Angebot, insbesondere an Spezialfachkräften.
Erfolgsfaktoren der ganzheitlichen Personalpolitik!
Als Erfolgsfaktoren gelten: Qualitative Rekrutierung der richtigen Mitarbeitenden mit genügender Qualifikation…..
Von Prof. Ernst Wüthrich, lic. oec. HSG, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW