«Allianz Digitale Transformation» im Blickfeld. Die digitale Transformation ist die «raison d’être» der Interessengemeinschaft eHealth. Sie befindet sich daher in einem kontinuierlichen Dialog mit allen Stakeholdern im Gesundheitswesen. Ihre Aufgabe sieht sie unter anderem auch darin, bei Bedarf den Finger in offene Wunden zu legen.
a|s|p sprach mit Walter Stüdeli, Geschäftsführer IG eHealth*
Die IG eHealth plant einen Gipfel mit möglichst vielen Akteuren, der in der zweiten Jahreshälfte steigen soll. Sind die Irrungen und Wirrungen rund um die digitale Transformation und das EPD so zahlreich, dass sich ein «Gipfel» aufdängt? Wie ist denn die Befindlichkeit generell rund um diese beiden Themen?
Grundsätzlich kann man sagen, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen voll angekommen ist. Da hat das Patientendossier sicher auch gute Dienste geleistet. Wenn man nun die Frage nach den Trends zu be antworten versucht: Es gibt viele Anwendungen, die im Kommen sind – zum Beispiel zur Prävention, zur Diagnose und Behandlungsempfehlung sowie generell zu der Behandlung von chronisch kranken Menschen.
Die digitale Transformation im Gesundheitswesen ist ein Feld, das weitgehend unreguliert ist – mit Ausnahme des Patientendossiers, das überreguliert ist. Das EPD und generell digitale Tools werden jedoch mittlerweile auch von den Ärzten ernst genommen, etwa bei der Unterstützung für klinische Entscheide. In Sachen Behandlungsempfehlung ist es jedoch erst bedingt angekommen. Aber es liegt sicher im Trend, dass man auf die grossen Datenmengen zugreifen will, auch bei der Entscheid Findung. Feststellen lässt sich eine Verlagerung von der Forschung, von heutigen Einzelstudien, hin zu mittelfristigen Einbindungen der ambulanten Arztpraxen, die Daten liefern und Daten erhalten. Man hat erkannt: Daten sind das neue Gold, und es stellt sich die Frage, wie man diese Daten im Gesundheitswesen einsetzen kann, um Behandlungen besser und effizienter durchzuführen.
Wie entwickeln sich diese Trends weiter, um Daten besser auswerten zu Können?
Da gibt es einerseits das Swiss Personalized Health Network (SPHN) im universitären Bereich. Sie geben Gas und ich vermute, dass gewisse Regulierungsfragen zu spät entschieden werden. Für den universitären Bereich ist das akzeptabel, aber im gesellschaftlichen Bereich hat man dem Umgang mit Big Data, mit Fokus Gesundheitswesen, noch nie diskutiert. Irgendwie ist man auch nicht willens, Regulierungen anzugehen, weil niemand weiss, was richtig oder falsch ist. Diese gesellschaftliche Diskussion sollte endlich stattfinden. Was wollen die Bürger, was wollen sie nicht?
Das klingt, als ob der Schub verloren gegangen ist. Wer setzt Impulse, damit es weiter vorwärts geht?
Es braucht einen Leader, es braucht eine Strategie, und es braucht ein Umsetzungsorgan. So steht es in einer Bertelsmann Studie. Wir haben mit dem aktuellen Gesundheitsminister und dem aktuellen BAG sicher keine Treiber im Bereich digitale Transformation. Wir haben eine Strategie, die okay ist, aber wir haben ein Umsetzungsorgan, das ressourcenmässig schwach dotiert ist. Die Voraussetzung, dass der Impuls von einer Regierung oder von einem Amt kommt im Sinne von gouverner c’est prevoir, ist nicht gegeben. Schaut man sich die generelle Gesundheitsstrategie 2030 an, so ist die Erkenntnis sicher vorhanden, dass der Umgang mit Daten im Gesundheitswesen zentral ist. Aber das BAG ist vollauf mit der Einführung des EPD beschäftigt. Und so wurde uns, der IG eHealth, gesagt, dass sich das BAG prioritär um das EPD kümmern müsse, alles andere sei vorläufig sekundär. Einerseits kann ich dies nach vollziehen, andererseits geht wertvolle Zeit verloren.
Will die IG eHealth deshalb gewissermassen den Lead, den Führungsanspruch wahrnehmen und aufzeigen, «wo es lang geht»?
Wir möchten die digitale Transformation mit gestalten. Aber, in aller Bescheidenheit gesagt, wir sind die einzige Organisation, die über entsprechende ICT-Kenntnisse verfügt, gepaart mit den erforderlichen Kenntnissen des Gesundheitswesens und der Gesundheitspolitik. Der Handlungsbedarf ist gross. Deshalb wollen jetzt zu einem Gipfel der Verbände einladen, in der Hoffnung, dass man sich auf die dringenden Massnahmen einigt. Einerseits auf die nächsten Schritte bei der Weiterentwicklung des EPD, weil da unbedingt nachgebessert werden muss, wenn es gut kommen soll. Andererseits geht es auch um das «bigger picture», um die digitale Transformation insgesamt: Wie wollen wir mit Daten umgehen, wie sollen diese verwendet werden, beispielsweise in der Versorgungsforschung? Fakt ist: Heute verfügen wir über zahlreiche Silos und Parallelstrukturen, das ist inakzeptabel. Jeder Arzt, der sagt, ich will Daten nur einmal erfassen, hat recht. Es ist zwingend, dass sich die Branche insgesamt einigt. Wenn die Branche geeint ist, kann man anschliessend die Politik ins Boot nehmen.